Mo, 26/12/2022 - 10:20
Directed by:
Terence Davies
Schauspieler:
Marjorie Yates
Leigh McCormack
Anthony Watson
Nicholas Lamont
Tina Malone
Video:
Trailer
Das Thema von A Long Day Closes wird gleich im Vorspann deutlich: Ein schwach beleuchtetes Blumen-Arrangement verwelkt vor unseren Augen - und dazu erklingt ein fröhliches Menuett. Niemand nimmt wahr, wie die Blumen verwelken. Die stumpfe Fröhlichkeit der Musik steht im Kontrast zur absterbenden Schönheit. The Long Day Closes von Terence Davis möchte ich dir als vergessenes Meisterwerk ans Herz legen. Das Problem; bis weit in die 00er hinein wurde der Film bei uns in Europa nie auf DVD veröffentlicht. Schliesslich machte sich die Criterion Collection daran, diese Lücke zu schliessen. Alles in diesem Film ist perfekt und alles ganz sorgfältig gefilmt! Und das ist auch der Grund, weshalb der Film in Vergessenheit geriet: Schaut man sich The Long Day Closes nur so nebenbei an, unaufmerksam, dann bemerkt man die Durchsichtigkeit, die Zartheit des Werks nicht. Die Themen; die Angst vor der dem aufkeimenden schwulen Begehrens und der Angst vor dem Tod, sind so nahtlos eingewoben in die wundervollen Bilder - dass viele sie nicht einmal bemerken (und das ohne Verschulden). Davis scheint uns seine Botschaften zuzuflüstern. Nur zugänglich für ein sehr aufgeschlossenes Publikum. Bud (Leigh McCormack) ist das jüngste Kind einer Arbeiter-Familie aus Liverpool. Wir schreiben die 50er Jahre und Bud verbringt seine gesamte Freizeit im Kino. Dort beschäftigt er sich mit den verschiedenen Formen der Fantasie und des Zuschauens. Das Kino sensibilisiert ihn. Er blickt auf die Welt und ihre alltäglichen Rituale und das verschafft ihm Trost. Seine Mutter (Marjorie Yates) liebt Bud grenzenlos, der Vater ist nirgends zu sehen. Die Brüder heiraten bald, das gilt als normal. Und Buds Blick wandert zu der Schönheit, die er in den Körpern anderer Männer sieht.
Mit anderen Worten, Bud ist Terence Davis und The Long Day Closes ist Teil von einer Trilogie, die den Übergang zwischen häuslicher Gewalt gegen das Kind und dem Erwachen der Homosexualität liegt. Der Vater stirbt als Bud sieben Jahre alt ist. Heute verlässt er die Grundschule und kommt auf eine weiterführende Schule nur für Jungen. Bud erfährt, was Mobbing bedeutet. Es geht um das langsam aufkommende Bewusstsein, anders zu sein. Ein Gefühl, das mit Ausgrenzung und Verdammnis verbunden ist. Ein beunruhigendes Gefühl, in dem die Saat künftiger Qualen bereits aufgeht. Bud wächst zu einem sexuellen Wesen heran, was eine Flut religiöser Schuldgefühle auslöst. Wie der Wander-Prediger verkündet, kann die Sünde dem Menschen den Weg zum Himmel kosten. Ich denke, während der 50er Jahre gibt es keine schwule Erfahrung, die anders ist als die Buds: Eine Bedrängnis, die Lust mit Scham verbindet. All das kannst du an der Oberfläche des Films allzu leicht übersehen. Dann siehst du in The Long Day Closes nur einen weiteren Liebes-Brief an das Kino, der die Geister vergangener Filme herauf beschwört. Vor uns werden Bilder und Töne wach und es geht uns wie Bud: Wir möchten vor Freude platzen! Einmal umrahmt der Kino Projektor Bud von hinten wie einen Heiligen. Sieht man nur das Bild möchte man fast vergessen, wie traurig The Long Day Closes ist, denn er projiziert das Bild des Verlusts auf einen Zustand des grössten Glücks. Unmöglich, es wieder zu gewinnen.
- The theme of A Long Day Closes becomes clear right from the opening credits: a dimly lit arrangement of flowers withers before our eyes - and a cheerful minuet sounds along with it. No one notices how the flowers wither. The dull cheerfulness of the music contrasts with the dying beauty. I would like to recommend The Long Day Closes by Terence Davis as a forgotten masterpiece. The problem; until well into the 00s, the film was never released on DVD here in Europe. Finally, the Criterion Collection set out to close this gap. Everything in this film is perfect and everything is filmed very carefully! And this is also the reason why the film was forgotten: if you watch The Long Day Closes only casually, inattentively, you don't notice the transparency, the tenderness of the work. The themes; the fear of burgeoning gay desire and the fear of death, are so seamlessly woven into the wonderful images - that many don't even notice them (and through no fault of their own). Davis seems to whisper his messages to us. Only accessible to a very receptive audience. Bud (Leigh McCormack) is the youngest child of a working-class Liverpool family. It is the 1950s and Bud spends all his spare time at the cinema. There he engages with the various forms of fantasy and spectatorship. The cinema sensitises him. He looks at the world and its everyday rituals and this provides him with comfort. His mother (Marjorie Yates) loves Bud without limits, his father is nowhere to be seen. The brothers are getting married soon, it's considered normal. And Bud's gaze wanders to the beauty he sees in other men's bodies.
In other words, Bud is Terence Davis and The Long Day Closes is part of a trilogy that lies between domestic violence against the child and the awakening of homosexuality. The father dies when Bud is seven years old. Today he leaves primary school and enters a secondary school for boys only. Bud learns what bullying means. It is about the slowly emerging awareness of being different. A feeling associated with exclusion and condemnation. An unsettling feeling in which the seeds of future torment are already being sown. Bud grows up to be sexual, which triggers a flood of religious guilt. As the itinerant preacher proclaims, sin can cost a man his way to heaven. I don't think there's any gay experience during the 50s that's different from the Buds: an affliction that combines lust with shame. You can miss all that too easily on the surface of the film. Then you see in The Long Day Closes just another love letter to cinema, evoking the ghosts of films past. Images and sounds awaken before us and we feel like Bud: we want to burst with joy! At one point the cinema projector frames Bud from behind like a saint. If you only see the image, you almost want to forget how sad The Long Day Closes is, because it projects the image of loss onto a state of the greatest happiness. Impossible to win it back again.
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