So, 13/09/2020 - 19:21
Directed by:
Yasujirô Ozu
Schauspieler:
Takeshi Sakamoto
Chôko Iida
Kôji Mitsui
Video:
Trailer
FREE ON YOUTUBE (DU FINDEST DEN GANZEN FILM MIT ENGLISCHEN UNTERTITELN FREI AUF YOUTUBE) Das verflixte 13. Jahr, in dem ich als Videothekar der Filmkunstbar Fitzcarraldo (früher hiess sie auch mal Filmkunst) vor allem einer Tätigkeit nachgehe: Ich verleihe die Filme von Yasujiro Ozu. Ich denke, jeder kennt dieses Erlebnis: Wir verleihen das Buch, das wir nie vergessen konnten, an unsere Freunde. Sie sollen es mit uns teilen! Genau das ist der Grund, weshalb früher oder später jeder, der Filme liebt und bei uns Kunde ist, einen Ozu Film von mir bekommt. Ozu ist der freundlichste und ruhigste aller Filmemacher! Er ist der grösste Humanist! Seine Filme wirken heiter, fliessend, doch die Emotionen in Ozus Werk sind tief und mächtig. Sie reflektieren das, was uns am wichtigsten ist im Leben: Eltern und Kinder, Krankheit und Tod, der Versuch, sich umeinander zu kümmern. Ozu wurde 1903 geboren und verstarb 1963. Grob können wir sein Werk in einen Vorkriegs- und Nachkriegs Ozu einteilen. Man sollte sich seine Arbeit so vorstellen, dass Ozu nicht den Willen hatte, sich ständig neu zu erfinden, sondern nach Perfektion strebte. Jedes seiner Bilder beweist das. Ich vergleiche ihn immer mit einem Reggae-Musiker, dessen Rhythmus kaum variiert. Das geht so weit, dass er Floating Weeds einfach zwei Mal inszenierte. Diese Fassung ist aus dem Jahr 1934, eine zweite drehte er 1959. Wir dürfen annehmen, dass Ozu noch etwas verbessern wollte. Im Grunde sind seine Filme bis heute im Westen wenig populär. Sicher, Mitte der 70er begann man, sein Werk zu entdecken. Dann aber endete die Phase der grossen Liebe zum Kino und was hatte Ozu in den Zeiten des Popcorn Kinos schon verloren? Bis heute bleibt er eine Entdeckung für wenige! Für mich ist es unmöglich, seinen grössten Film festzumachen. Ozus Gesamtwerk wirkt wie aus einem Guss. Es geht um zwei Generationen, Ozu dreht Familien-Dramen. Nur ganz selten zeigen seine Protagonisten, was sie fühlen. Das Meiste bleibt verborgen, in den bewegendsten Szenen werden die Emotionen nicht ausgesprochen. Die wichtigsten Entscheidungen werden nur angedeutet. Floating Weeds habe ich unzählige Male gesehen. Dieser wundervolle Film ist mir vertraut wie ein Song, den ich immer und immer wieder höre. A Story Of Floating Weeds lebt von seiner Atmospähre. Wir befinden uns auf dem japanischen Land während eines heissen, schwülen Sommers. Untypisch für Ozu, dass seine Protagonisten in traditionellen Kleidern auftreten, selbst Kinonos sind zu sehen (in den bekannten späteren Filmen tragen seine Figuren schlichte westliche Kleider). Es herrscht ein Zusammenleben wie unter Nachbarn. Jeder versucht, seine Wünsche und Bedürfnisse zu erfüllen, sich dabei aber mit den Nachbarn zu arrangieren. Nur dem Hauptcharakter gelingt das nicht. Alles soll nach seinem Willen geschehen, doch zu seiner Verwunderung stellt er fest, dass auch die Nachbarn eigene Bedürfnisse haben. Kihachi (Takeshi Sakamoto) ist ein Sturkopf, liebenswert und witzig. Kihachi ist der Leiter einer Wanderschauspielgruppe, die von Ort zu Ort zieht, um ihre Kabuki Stücke aufzuführen. Für uns bleibt kein Zweifel, dass sich diese Truppe auf keinem guten Weg befindet. Ihre Unterkünfte sind erbärmlich, ihr Leben am Existenz-Minimum. Das meiste Gewicht liegt aber auf der Beziehung Kihachis zu seinem unehelichen Sohn Shinkichi (Kôji Mitsui). Der weiss auch nach Jahren nichts über die Verwandtschaft Kihachis zu seiner Mutter... Man könnte aus diesem Material so vieles machen: Eine Seifen-Oper, ein Musical, ein Melodram. Ozu aber erzählt uns diese Geschichte als Folge des täglichen Lebens. Er liebt seine Charaktere viel zu sehr, um sie den künstlichen Höhen und Tiefen eines Dramas auszusetzen! Deshalb spüren wir, dass diese Figuren echt sind! Ozus Szenen sind Abbild von Normalität. Wir erleben halbherzige Diskussionen, Klatsch & Tratsch der Schauspieler... Ozu zielt nicht darauf, von einer Szene in die nächste überzuleiten. Es sind seine Bilder, die das Geschehen zusammenhalten. Wie in seinen späten Meisterwerken verharrt die Kamera stets unterhalb der Protagonisten. Sie filmt von unten nach oben, bleibt auf Augenhöhe. Genau durch diesen Kunstgriff wird die Alltäglichkeit des Geschehens ausgedrückt. Auch Ozus berühmte "Pillow Shots" zeigen hier bereits Wirkung - Einstellungen, welche die Handlung für ein paar Sekunden unterbrechen, um drei oder vier ruhige Kompositionen zu zeigen. Details wie einen mächtigen Baum vor schwarzem Himmel. Ozus Kamera bewegt sich nie. Es gibt keine Schwenks. Nur Schnitte zwischen einer Komposition und der nächsten. So ziehen wir uns zurück - in uns selbst - anstatt einfach zu reagieren. Ozu bricht die Regeln traditionellen Erzählkinos. Manchmal meinen wir, dass sich seine Protagonisten gar nicht ansehen, während sie miteinander sprechen. Ich denke, dass rührt daher, da die Kamera ihren Protagonisten über die Schulter blickt, so dass wir ihre Perspektive einnehmen. Wenn Ozu zwei Figuren zeigt, die während einer Unterhaltung in dieselbe Richtung blicken, ist es so, als ob wir ihnen ihren Raum lassen. Wir treten einen Schritt zurück, lassen sie in Ruhe. A Story Of Floating Weds ist einer von Ozus 54 Filmen. Ich denke, es ist sein erstes Meisterwerk! Vieles, was wir hier sehen, werden wir noch oft in Ozus Filmen wieder erleben. Ozu zerstörte traditionelle Regeln, um wieder und wieder an seinen eigenen Variationen zu arbeiten. Veränderungen mochte er nicht. Ich denke, wir sind bestens aufgehoben in den Armen dieses für mich grössten aller Filmemacher! Seine Figuren mögen weit entfernt von uns existieren - und doch erkennen wir ganz bestimmt den Einen oder Anderen aus unserem Umfeld in ihnen wieder. - FREE ON YOUTUBE The darn 13th year in which I'm a video store owner at the Filmkunstbar Fitzcarraldo (formerly called Filmkunstbar Fitzcarraldo): I'm lending out the films of Yasujiro Ozu. I think everyone knows this experience: We lend the book to our friends, which we could never forget. Let them share it with us! That's exactly why sooner or later everyone who loves movies and is a customer of ours gets an Ozu movie from me. Ozu is the friendliest and calmest of all filmmakers! He is the greatest humanist! His films seem cheerful, flowing, but the emotions in Ozu's work are deep and powerful. They reflect what is most important to us in life: Parents and children, sickness and death, trying to take care of each other. Ozu was born in 1903 and died in 1963, and we can roughly divide his work into a pre-war and post-war Ozu. One should imagine his work in such a way that Ozu did not have the will to constantly reinvent himself, but aspired to perfection. Every one of his pictures proves it. I always compare him to a reggae musician whose rhythm hardly varies. That goes so far that he simply staged Floating Weeds twice. This version is from 1934, a second one he shot in 1959, we may assume that Ozu wanted to improve something. Basically, his films are still not very popular in the West. Sure, in the mid-1970s, people began to discover his work. But then the phase of the great love for cinema ended and what had Ozu already lost in the times of popcorn cinema? To this day, it remains a discovery for a few! For me, it's impossible to pinpoint his greatest film. Ozu's complete works seem to be all of a piece. It's about two generations, Ozu is doing family dramas. Only very rarely do his protagonists show what they feel. Most of it remains hidden, in the most moving scenes the emotions are not expressed. The most important decisions are only hinted at. I've seen Floating Weeds countless times. This wonderful film is as familiar to me as a song I hear over and over again. A Story Of Floating Weeds lives from its atmosphere. We are in the Japanese country during a hot, sultry summer. Not typical for Ozu that his protagonists appear in traditional dresses, even cinemas can be seen (in the famous later films his characters wear simple western dresses). It's like living together among neighbours. Everyone tries to fulfill his or her wishes and needs while arranging with the neighbours. Only the main character doesn't succeed. Everything should be done according to his will, but to his astonishment he notes that the neighbours also have their own needs. Kihachi (Takeshi Sakamoto) is a stubborn, adorable and funny. Kihachi is the leader of a travelling theatre group that moves from place to place to perform their Kabuki plays. We have no doubt that this force is not on the right track. Their shelters are miserable, their lives at the subsistence level. Most of the weight, however, lies in Kihachi's relationship with his illegitimate son Shinkichi (Kôji Mitsui). Even after years he knows nothing about Kihachi's relationship to his mother... You could make so many things out of this material: A soap opera, a musical, a melodrama. But this story tells us this as a consequence of daily life. He loves his characters far too much to expose them to the artificial ups and downs of drama! That's why we feel that these characters are real! Ozu's scenes are an image of normality. We experience half-hearted discussions, gossip & gossip of the actors... Ozu does not aim to pass from one scene to the next. It is his pictures that hold events together. As in his late masterpieces, the camera always remains below the protagonists. She films from bottom to top, stays at eye level. Exactly by this trick the everydayness of the happening is expressed. Ozu's famous "Pillow Shots" also have an effect here - settings that interrupt the action for a few seconds to show three or four calm compositions. Details like a mighty tree in front of a black sky. Ozu's camera never moves. There are no pans. Only cuts between one composition and the next. So we retreat - into ourselves - instead of simply reacting. To break the rules of traditional narrative cinema. Sometimes we think that his protagonists don't even look at each other while they are talking. I think that's because the camera is looking over the shoulders of its protagonists, so that we take their perspective. If Ozu shows two figures that are moving in the same direction during a conversation (transl. deepl.com)
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