Road Movies Pt. III

Die blauen Augen eines Mädchens, die uns intensiv anstarren. So sehr als ob sie gleich in unseren Kopf wollten. Nur: Das Mädchen schaut gar nicht uns an. Sie starrt in einen Fernseher. Dort laufen Miss Wahlen und die Gewinnerin wird gerade gekrönt. Das Mädchen selbst befindet sich also bei den Proben. Sie will auch auf dem Podest gekrönt werden. Little Miss Sunshine, das wird schnell deutlich, ist ein Film über Träume. Und über Illusionen. Einige Tage später, nach einer merkwürdigen Reise in einem alten VW Bus von Albuquerque (das liegt in New Mexico) nach Redondo Beach / Kalifornien setzt die Realität ein. Vom Freeway aus sieht man das ziel der Reise - vor allem aber lernt man etwas über die endlosen Strecken Kaliforniens und den amerikanischen Traum. Ein Traum, der über Strassen führt, die niemals enden. Ein Luftschloss. Little Miss Sunshine schliesst an die non-konformen Road Movies der frühen 70er an, die sich so gern über den "American Dream" mockierten. Die Welt in Little Miss Sunshine ist eingeteilt in kleine Diätschritte, beruflichen Werdegang, öffentliche Anerkennung - Erfolg, der alle menschlichen Sehnsüchte dominiert. link trailer

Hin und wieder gibt es Filme, die sind nicht nur gewalttätig, sondern verraten uns auch etwas über die mörderischen Energien, die überall um uns herum verbreitet sind. So ein Film ist Kalifornia; erschreckend und entsetzlich und wahnsinnig gut gemacht. Ganz so als würden wir das Leben echter Menschen betrachten! Es sind vier solcher Menschen. Während ein normaler Film sie nun einfach in einer Geschichte einbauen würde, zeigt Kalifornia lieber, wie sie miteinander umgehen, so dass wir eine Konfrontation von Voyeuren der Gewalt und Menschen, die echt gewalttätig sind, erleben. link trailer

Wer hat Jon Krakauers gleichnamigen Roman gelesen? Hast du dir danach vorgestellt - und wenn es nur einen Moment lang nach der Lektüre war - in einer einsamen Hütte, irgendwo draussen an einem See zu leben? Ich meine DRAUSSEN, nicht irgendwo in Brandenburg bei Berlin! Erscheint es dir verführerisch, dort Bohnen zu pflanzen und auf die Jagd zu gehen? Ein reines Leben. Die Erfüllung. Die Suche nach Sinn. Früher wäre das auch für mich interessant gewesen und deshalb las ich Krakauers Roman mit faszinierter Angst. Im Mittelpunkt, ein etwa zwanzigjähriger Uni Absolvent, der seinen Anwaltskassen-Fond auflöst, um das "Territorium" zu betreten (in der Sprache Mark Twains). Er fährt nach Westen, bis es nicht mehr weiter geht, dann nach Norden in die Wildnis von Alaska. Im Gepäck, eine Handvoll Bücher und essbare Wildpflanzen. Sein Vorbild scheint Jack-London zu sein und doch bin ich mir nicht sicher, ob er ihn wirklich gelesen hat. link trailer

Es gibt die Legende, dass Henry-Fonda den Film, der seinen Sohn Peter berühmt machte, einfach nicht verstand. Woher kommen diese beiden Typen und wo wollen sie hin? Wer hat den Drogen-Deal eingefädelt? Was überhaupt bedeutet das alles? Ganz bestimmt dachten das so einige in den späten 60ern: Dass Easy Rider ein vollkommen bedeutungsloser Film ist und die Kinder heutzutage alle verrückt sind. An sich aber hat Regisseur Dennis Hopper einen fast klassischen Western gemacht. Wie in den alten Cowboy Filmen: Die mit den weissen Hüten sind die Guten. Hopper wendet dass auf seine Hippies an. Und er tauscht die Pferde gegen Motorräder. Damals gab es bereits eine ganze Reihe von Motorrad-Filmen. Solche, in denen der Hell's Angels Rocker den Bösewicht darstellt, der die Gesellschaft schikaniert. Auch in Easy Rider sind die Helden gesetzlos. Sie legen die Werte des "Establishments" ab. Wobei: Eigentlich nehmen sie diese Werte so wenig ernst, dass sie gar nicht dagegen aufbegehren. Easy Rider führt eine ziellose Rebellion vor. link trailer

Bill Murray spielt Don Johnston, einen Mann, der mit Computern reich wurde. Jetzt aber besitzt er nicht einmal mehr selbst einen. Dafür verbringt er seine langen Tage des Müssigangs allein auf dem Sofa. Gleich zu Beginn von Broken Flowers zieht seine neue Freundin (Julie Delpy) aus. Sie will ihr Leben nicht mit so einem "Don Juan" verbringen. Das Haus ist wieder leer und Don bleibt auf der Couch sitzen, um Musik zu hören. Sein Nachbar Winston (Jeffrey Wright) dagegen hat drei Jobs, um seine Familie über Wasser zu halten. Und nebenbei arbeitet er als Amateur Detektiv im Internet. Dann passiert etwas. Don erhält einen Brief. Vor zwanzig Jahren war er Vater geworden. Seinen Sohn lernte er nie kennen. Der Brief zeigt keinen Absender. Welche der vielen, vielen Frauen von Don könnte die Mutter sein? Winston recherchiert und versorgt Don mit Flugtickets und einem Reiseplan. Von Ex zu Ex. Immerhin ist das Briefpapier pink! Also sollte Don jeder Ex Blumen in Pink übergeben und die Reaktion beobachten. Wir bemerken; es geht um fast nichts. Und welcher Schauspieler als Bill Murray ist besser, NICHT zu spielen? link trailer

Ein bizarrer, schwülstiger Film! Im Mittelpunkt die herzzerreissende Geschichte eines kleinen Mannes, der wild entschlossen ist, seine Mission an Gedenken an die EINE Frau, die er liebte sowie seinen eigenen Kodex zu erfüllen. Verkörpert wird er von Warren Oates, dem Schauspieler mit den dunklen, traurigen Augen. Er spielt den Klavierspieler Bennie in einem mexikanischen Bordell. Einen Amerikaner in einer Sackgasse des Lebens. Als ein einflussreicher Mexikaner namens El Jefe (Emilio Fernandez) entdeckt, dass seine Tochter schwanger ist, befielt er den besten Kopfgeldjägern: ''Bring me the head of Alfredo Garcia''. Dann erfahren wir den Namen von Bennies Geliebten: Elita (Isela Vega). Sie lieben sich wie zwei verzweifelte Menschen, die miteinander nie eine Chance hatten. Einst liebte Elita auch Alfredo Garcia, doch der liegt bereits tot unter der Erde. Bennies Idee: Die Leiche ausbuddeln, ihr den Kopf abtrennen für eine gemeinsame Zukunft mit Elita... link trailer

Ich versuche mal ein paar Adjektive in Reihe zu setzen: Grausam, sympathisch, ekelhaft und herzzereissend schön. Passt das? Eigentlich nicht? Eigentlich doch! Denn diese Adjektive decken das ganze Leben ab. So wie Arthurs Penns Initialzündung der New Hollywood Bewegung "Bonnie & Clyde". Wir sind das von Kinofilmen eben kaum gewohnt, dass sie die ganze Palette des Lebens abdecken, daher die Verwirrung. Penns Klassiker präsentiert die Leben von Clyde Barrow und Bonnie Parker (Warren Beatty und Faye Dunaway). Niemand kennt sie, dann aber überfallen sie Banken und erschiessen Menschen und ihre Bilder landen in den Zeitungen. Die Banküberfälle sind nicht sonderlich gut geplant. Viel besser ist das Gangster-Paar im Töten von Menschen und noch besser in der medialen Selbstdarstellung. link trailer

Wie einen Groschenroman beschreibt Holly ihr Leben. “Little did I realize, that what began in the alleys and back ways of this quiet town would end in the Badlands of Montana.” Es ist ihre fragende Erzählstimme, die über dem ganzen Film von Terrence Malick verweilt. Manchmal scheint es so, als ob das menschliche Sein hinter der majestätischen Landschaft einfach verschwindet. Holly spielt gerade mit einem Twirling Stab als sie Kit begegnet. Er hat in einer Autowerkstatt gearbeitet. Sie ist fünfzehn, er 25 - vielmehr erfahren wir jedoch nicht über sein früheres Leben. Er nimmt Holly einfach mit und binnen zwei Tagen hat er ihren Vater abgeknallt und ihr Haus angezündet. Beide befinden sich auf der Flucht nach South Dakota. Terrence Malick erzählt eine im Grunde bekannte Geschichte. Ein kriminelles Paar auf der Flucht durch ein verwahrlostes Amerika. Malick filmt diese Verbrechen, ohne eine Bedeutung darin zu suchen. Er psychologisiert nie! Kit ist einfach ein attraktiver Psychopath, den Holly anhimmelt. Sie selbst ist noch ein Kind - ziemlich simpel und weltfremd. Ihre Odyssee beschreibt Holly in der dritten Person, so als ob alles, was geschieht, Schicksal ist. link trailer

Liev Schreibers Everything Is Illuminated beginnt schön albern und endet still. Wie eines zum Anderen kommt, das ist das Thema des Films. Erzählt wird die Reise dreier Männer (+ ein Hund) in die Vergangenheit. Sie folgt dem Geschäftsmodell eines Ukrainers; "Tours Of Dead Jews". Amerikaner können in der Ukraine nach dem Zusammenbruch der UDSSR den Spuren ihrer toten Verwandten folgen. Gefahren werden sie von einem Opa, der behauptet, blind zu sein. Seine Blindenhündin heisst Sammy Davis Jr und er führt Tagebuch mit quälenden Sätzen wie "Overture to the Commencement of a Very Rigid Search"... link trailer

Road Movies müssen sich nicht erklären. Sie sind einfach so wie sie sind. Die Helden fahren ohne psychologische Motivation und ohne Grund. Sie fahren, weil das Road Movie es so will. Rüdiger Vogler als Philip Winter ist ein typischer Road Movie Held. Ein Journalist, der aufbrach nach Amerika, um das Land seiner Träume zu portraitieren. Leider kamen dabei aber nur wenig differenziertes Material sowie einige Polaroids, die man nicht verwenden kann, zustande. Das Experiment, dass ein deutscher Skeptiker das "Heartland" portraitiert, funktioniert nicht. Amerika blockiert Philip Winter. So macht sich Winter auf den Weg zurück nach Hause. Am Tag vor der Abreise trifft Winter eine junge Frau mit ihrer Tochter Alice (Yella Rottländer), die mit demselben Flugzeug reisen werden. In letzter Sekunde aber ist die Frau dienstlich verhindert, so dass Winter einwilligt, Alice nach Hause zu begleiten. In Amsterdam - so die Vereinbarung - will er dann mit Alice auf die Mutter warten. Doch die taucht nicht auf und so begibt sich Winter mit Alice auf eine Odyssee durch das Ruhrgebiet. Ihr Ziel: Die Grossmutter zu finden - doch Alice kann sich an die Adresse nicht genau erinnern... link trailer