Fr, 24/03/2023 - 16:05
Directed by:
Alice Diop
Schauspieler:
Kayije Kagame
Guslagie Malanda
Xavier Maly
Thomas de Pourquery
Valérie Dréville
Video:
Trailer
Wer ein bisschen mehr darüber liest, der erfährt, dass die Filmemacherin Alice Diop 2016 in einem Gerichtssaal sass und Zeuge wurde wie eine französisch-senegalesische Frau angeklagt wurde, ihre Tochter umgebracht zu haben. Sie stillte das Kind, um es dann in der Flut am Strand von Berck Sur Mer zu ertränken. Kabou, so der Name der Frau, sprach von dunklen Mächten, die ihr Baby bedrohten. Diop selbst ist Tochter senegalesischer Eltern. Sie muss von dem Thema sofort ergriffen worden sein. Und so entstand ihr erster abendfüllender Spielfilm - und was für ein starker Film! Was sagt uns Kabous Geschichte? Doch der Film möchte keine Antworten geben. Vielmehr ist es die Geschichte von Rama (Kayije Kagame), die dem Prozess im Film beiwohnt und der Angeklagten Laurence (Guslagie Malanga). Vielleicht handelt Saint Omer von den Erfahrungen, die Diop damals machte? Rama lernen wir kennen, als sie eine Vorlesung über Duras hält. Wer Einflüsse der Schriftstellerin auf den Film finden möchte, der wird! Dann taucht sie im Gerichtssaal auf und erblickt Laurence, eine vollkommen einsame Frau. Ohne Familie oder Bezug zur Welt. Rama dagegen ist glücklich, lebt in einer Beziehung, erwartet ein Kind. Laurence (die wir stets durch Ramas Augen sehen) erzählt ihre Geschichte ganz offen. Es scheint, als würde sie immer ein "Anderer" bleiben. Wie eine Person, nicht von dieser Welt. Wer nun konkret beschreiben möchte, was denn nun in Saint Omer geschieht, würde dem Film seine elektrisierende Wirkung nehmen. Ganz bestimmt ist Saint Omer kein True Crime Film. Vielmehr geht es um das moderne französische Leben und die Migranten, die wir nie wahrnehmen, die wie Schatten wirken. Was ist das überhaupt für eine Welt, in der solche Verbrechen geschehen? Kabou kam damals aus dem Senegal nach Frankreich, um zu studieren. Einen österreichischen Philosophen aus dem 19. Jahrhundert. Wie kann das möglich sein, mag sich mancher gefragt haben? Wie kann eine solche Person ein intellektuelles Interesse an Wittgenstein hegen? "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen", schreibt Wittgenstein. Diops Film handelt von diesem Schweigen. - If you read a little more about it, you will learn that filmmaker Alice Diop sat in a courtroom in 2016 and witnessed a French-Senegalese woman being accused of killing her daughter. She breastfed the child, then drowned her in the tide on Berck Sur Mer beach. Kabou, the woman's name, spoke of dark forces threatening her baby. Diop herself is the daughter of Senegalese parents. She must have been immediately gripped by the subject. And so her first feature-length film was made - and what a powerful film it was! What does Kabou's story tell us? But the film does not want to provide answers. Rather, it is the story of Rama (Kayije Kagame), who attends the trial in the film, and the accused Laurence (Guslagie Malanga). Perhaps Saint Omer is about Diop's experiences at the time? We meet Rama when she gives a lecture on Duras. If you want to find influences of the writer on the film, you will! Then she shows up in the courtroom and catches sight of Laurence, a completely lonely woman. Without family or connection to the world. Rama, on the other hand, is happy, in a relationship, expecting a child. Laurence (whom we always see through Rama's eyes) tells her story quite openly. It seems as if she will always remain an "other". Like a person, not of this world. Anyone who would like to describe in concrete terms what happens in Saint Omer would deprive the film of its electrifying effect. Saint Omer is certainly not a true crime film. Rather, it is about modern French life and the migrants we never notice, who seem like shadows. What kind of world is this anyway, where such crimes happen? Kabou came to France from Senegal at the time to study. An Austrian philosopher from the 19th century. How can that be possible, some may have asked? How could such a person have an intellectual interest in Wittgenstein? "What one cannot speak of, one must remain silent about," Wittgenstein wrote. Diop's film is about this silence.
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