Als ich in den frühen 00ern die ersten Typen mit Wollmütze und Haaren im Gesicht am Herrmannplatz sah, wirkten die auf mich wie im falschen Film. Genauso wenig würde ich sie heute im U-Bahnhof Residenzstrasse erwarten. Dann aber geschah etwas: Meine Freundin Susan zog in die Hobrechtstrasse und meine Cousine Hannah in die Friedelstrasse. Ganz stolz berichtete sie davon, dass Homies morgens ihre Hauswand besprühten. Schliesslich vermehrten sich Susan und meine Cousine. Weisse Akademiker drangen in den Bezirk vor, dem der Spiegel mal den Titel "Endstation Neukölln" gewidmet hatte. Aus der kulturellen Einöde (wobei das gar nicht stimmt, denn während unserer Schulzeit fuhren wir immer extra in die Karl Marx Strasse, um im Rockit drei Freigetränke vor 23.00 abzuholen!!!) wurde ein hipper Bezirk. Nachdem Mitte, Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Kreuzberg immer teurer geworden waren, zogen die notorischen Pleitiers eben nach Neukölln. Eine Gentrifizierung wie aus dem Lehrbuch und bald wird Neukölln genauso ätzend sein wie die Kastanienallee. Letztens las mir meine Freundin eine Kneipenkritik Marke Neukölln vor. Ein "Google" User schrieb über eine Neuköllner Bar: "Votzenladen für reiche Schwaben". Die letzte Gegenwehr der Prolls. Rosa von Praunheim reiht nun einige skizzenhafte Kurzportraits aneinander. Sie alle haben eines gemein: Wir lernen Menschen kennen, die für ein selbstbestimmtes und vielfältiges Leben kämpfen. Für eine viel bessere Gesellschaft als unsere! Von Praunheim neigt zum Idealisieren oder anders herum ausgedrückt; sie weigert sich, zu jammern. Erst ganz am Ende klagt die Polit-Tunte Patsy L'Amour Lalove über die ständigen Anfeindungen auf der Strasse. Ansonsten aber werden einzig die steigenden Mieten als Neuköllner Problem deutlich. Wohlbemerkt: Von Praunheim filmte im Norden des Bezirks, dort, wo es noch Spielplätze für Erwachsene gibt. Wir sollten die DVD schön aufbewahren, denn irgendwann einmal wird Überleben in Neukölln ein hübsches Zeitdokument sein... - When I saw the first guys with woolly hat and hair on their faces at Herrmannplatz in the early 00s, they seemed to me like in the wrong movie. Neither would I expect them today in the Residenzstrasse underground station. But then something happened: My friend Susan moved to Hobrechtstrasse and my cousin Hannah to Friedelstrasse. She proudly reported that Homies sprayed her house wall in the morning. Eventually Susan and my cousin multiplied. White academics advanced to the district to which Der Spiegel once dedicated the title "Endstation Neukölln". The cultural wasteland (which is not true at all, because during our school days we always drove to Karl Marx Street to pick up three free drinks before 23.00 in Rockit!!!) became a hip district. After Mitte, Prenzlauer Berg, Friedrichshain and Kreuzberg had become more and more expensive, the notorious bankruptcies moved to Neukölln. A textbook gentrification and soon Neukölln will be as caustic as Kastanienallee. The other day my girlfriend read me a bar review of Neukölln. A "Google" user wrote about a bar in Neukölln: "Votzenladen für reiche Schwaben". The prolls' last stand against us. Rosa von Praunheim is now putting together some sketchy short portraits. They all have one thing in common: we get to know people who fight for a self-determined and diverse life. For a much better society than ours! Von Praunheim tends to idealize or to put it another way; she refuses to whine. Only at the very end Patsy L'Amour Lalove, the politician-tunt, complains about the constant hostilities on the street. Otherwise however only the rising rents as Neuköllner problem become clear. Mind you: Von Praunheim filmed in the north of the district, where there are still playgrounds for adults. We should keep the DVD nice, because one day survival in Neukölln will be a nice time document... (transl. deepl.com)
Di, 21/11/2017 - 10:01
Directed by:
Rosa von Praunheim
Markus Tiarks
Schauspieler:
Enana Alassar
Mischa Badasyan
Bernhard
Patsy L'Amour LaLove
Video:
Trailer (german only)
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