Sa, 20/03/2021 - 12:04
Wie entsteht ein guter Film? „All you need is a gun and a girl“; definiert Jean-Luc Godard das Wesen der Nouvelle Vague. Wohl bemerkt; der Nouvelle Vague der 60er. Als die Erneuerungs-Bewegung in den 70ern einen zweiten Schub durch Auteurs wie Marco Ferreri, Bertrand Blier, Barbet Schroeder, Andre Techine und Jean Eustache erhielt, müsste man noch ergänzen, das ein guter Film ganz viel Sex braucht. Die Filme des Jahrzehnt wirken vor allem kontrovers. Wir übernehmen die radikal frauenverachtende Perspektive in Bertrand Bliers Les Valseuses oder den Selbsthass in The Big Feast von Marco Ferreri. Der Bürger als Schwein. Natürlich leben diese Filme nicht von philosophischer Tiefe, sondern ihren Bildern. Bilder, die zum Kulturkampf führen. Obszön, dekadent, zynisch. Und Godard? Der inszenierte Videofilme, die vom Sieg des Maoismus handeln - oder so ähnlich. - How is a good film made? "Jean-Luc Godard defines the essence of the Nouvelle Vague: "All you need is a gun and a girl. Well noted; the Nouvelle Vague of the 60s. When the renewal movement received a second boost in the 70s from auteurs like Marco Ferreri, Bertrand Blier, Barbet Schroeder, Andre Techine and Jean Eustache, one would have to add that a good film needs a lot of sex. The films of the decade seem above all controversial. We adopt the radically misogynistic perspective in Bertrand Blier's Les Valseuses or the self-hatred in Marco Ferreri's The Big Feast. The Citizen as Pig. Of course, these films do not live from philosophical depth, but their images. Images that lead to a culture war. Obscene, decadent, cynical. And Godard? He staged video films about the victory of Maoism - or something like that.
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Filme in der Liste
The Mother and the Whore - Die Mama und die Hure - La maman et la putain DVD7550
Hier kommt DER unbekannte Klassiker der Nouvelle Vague! Eustaches bei weitem bekanntester Film kam 1973 in die Kinos und eine ganze Generation umarmte diesen permanent lamentierenden Faulpelz, der am liebsten endlose Konversationen in Pariser Cafes führt. Jean-Pierre Leaud mimt Eustaches Idol Alexandre. Er lebt mit einer Frau und erzählt einer anderen, dass er sie liebt. Dann ist da noch die, welche ihn zurückwies und diverse andere Frauen. Marie, gespielt von Bernadette Lafont, lebt mit Alexandre und unterstützt ihn auch, da er meist "zwischen zwei Jobs" steht. Veronika (Francoise Lebrun) ist Alexandres Blind Date in einem Cafe, der er seine nicht wirklich hochfliegenden Gedanken präsentiert (während seine Blicke anderen Frauen in nächster Umgebung folgen). Alexandre ist nicht dumm, aber auch nicht intellektuell. Bei seiner Selbstfindung gelingen ihm keine nennenswerten Fortschritte. Am liebsten plappert er über Filme und übers Leben... link trailer + FREE ON YOUTUBE (DU FINDEST DEN GANZEN FILM FREI AUF YOUTUBE)
Mes petites amoureuses DVD-
Im Sommer 1973 wollte das Publikum auf der ganzen Welt den Helden aus Eustaches berühmten Debüt The Mother And The Whore umarmen! Seine endlosen Gespräche mit den zwei Frauen, die er liebte, wurden zum Vorbild, wie man überhaupt in einer "modernen" Beziehung zusammenlebt! Das Debüt von Jean Eustache aus dem Pariser Studenten-Milieu war spektakulär und aggressiv! Ganz anders sein zweites Werk, ein schlichter Kinderfilm. Ganz nüchtern erinnert er sich an eine (seine?) Kindheit, fast auffallend unauffällig und sehr lakonisch. Daniel ist zwölf Jahre alt und lebt bei seiner Grossmutter auf dem Land. Mit seinen Freunden spielt er den Senioren im Dorf Streiche, erlebt den Besuch des Zirkus als echte Sensation und beginnt langsam, sich für die Mädchen zu interessieren... FREE ON YOUTUBE (DU FINDEST DEN GANZEN FILM FREI AUF YOUTUBE)
The Last Woman - Die letzte Frau - La dernière femme DVD -
The Last Woman wurde von Provokateur Marco Ferreri als feministischer Film konzipiert. Denke ich. Es geht um Männlichkeit, die als "Fehler" betrachtet wird. Deshalb greift der Depardieu Charakter zum Elektromesser und entledigt sich einfach seiner Männlichkeit. Doch natürlich muss Ferreris Film als Werk seiner Zeit betrachtet werden. Fast einhellig bezeichnete man seine Ideen damals als Schande. Wohl situierte Herren, die sich zu Tode fressen und in ihren Exkrementen verrecken. Solche Ideen versuchte Ferreri mit Gesellschaftskritik zu unterfüttern (z.B. die moderne Konsum-Gesellschaft oder eben das moderne Familien-Bild). Heute kannst du The Last Woman als Grindhouse goutieren. FREE ON YOUTUBE (DU FINDEST DEN GANZEN FILM FREI AUF YOUTUBE)
Themroc DVD1545
Die Geschichte eines fröhlichen Proletariers. Themroc (Michel Piccoli) ist ein Anstreicher, der seinen Job verliert, weil er die Sekretärin des Chefs anstarrt. Lüstern betrachtet er auch seine Schwester (Béatrice Romand) und riecht an ihrem Körper. Er entführt seine Schwester und zerstört sein Apartment. Themroc richtet sich eine Höhle ein, um seine Schwester zu lieben. Die Nachbarin (Francesca Romana Coluzzi) gibt sich ihm ebenfalls hin, um anschliessend auch eine Höhle aus ihrem Apartment zu machen. Polizisten versuchen, das Schlimmste zu verhindern, scheitern jedoch. In der Nacht erlegt Themroc zwei von ihnen. Den einen Polizisten brät er sich am Spiess. Immer mehr Leute reissen die Wände ihrer Wohnungen ein, immer mehr Höhlen entstehen. Die Fassade der Zivilisation kann die animalischen Triebe nicht länger aufhalten, die Anarchie breitet sich aus. link trailer
Get Your Handkerchiefs Ready - Frau zu verschenken - Preparez vos mouchoirs (OmeU) DVD8642
Zum Glück für Bertrand Blier wechseln die Figuren, die gedemütigt werden wahlweise. Es können Frauen sein oder Männer. Das genau ist der Punkt seiner frauenfeindlichen Sticheleien. Die leere Energie, die seine männlichen Helden aufwenden, um einer Frau nach zu laufen, werden auf der anderen Seite nicht durch philosophische Tiefe ausgeglichen. Die Opfer ihrer Begierden, die Frauen, sind genauso hohl. link trailer
Trio infernal - Le trio infernal DVD6246
Georges ist der Intrigant. Der finstere Manipulator, der das Glück erkennt, wenn er es erblickt. und das Glück sind Philomena und Catherine, zwei Schwestern. Mit beiden hat Georges eine Affäre, doch dummerweise sind zwei Maitressen nicht so billig zu halten wie eine. Georges erkennt, dass es Zeit wird, seinen Haushalt etwas aufzubessern. Sein bizarrer Plan: Er sucht altersschwache, gut situierte Männer aus und verheiratet sie mit seinen Schwestern... link trailer
Maitresse (OmeU) DVD2668
In Barbet Schroeders Maitresse sind die Welt des Alltags und die der geheimen Wünschen nur durch eine geheime Falltür voneinander getrennt. Im oberen Stockwerk befindet sich die Wohnung von Ariane (Bulle Ogier), unten ihr BDSM Studio. Olivier (Gérard Depardieu) ist an sich ganz unbedeutend, ein Kleinkrimineller, der durch Zufall auf das geheime Studio stösst. Sie erwischt ihn während eines Einbruchs und fortan hilft er ihr bei der Arbeit als Domina. Enfant Terrible Barbet Schroeder bietet uns ein gegensätzliches Liebespaar an. Nicht nur der Altersunterschied, die sexuelle Erfahrung und das Einkommen trennen beide. Bis dahin lebte Olivier in der Welt oben und Ariane unten. Eine Liebesgeschichte zwischen den Stockwerken, zwischen Maledom und Femdom beginnt, die wir dem Film nur aus einem einzigen Grund abnehmen: Gerard Depardieu. link trailer
The Main Thing Is to Love - Nachtblende - L'important, c'est d'aimer DVD119
Nur ganz langsam entdecken wir das Werk von Andrzej Zulawski. Immerhin war L'Important c'est d'aimer 1976 ein in Frankreich Caesar prämierter Erfolg mit Romy Schneider und Klaus Kinski, neben Jacques Dutronc! Es ist ein hysterisches Portrait der Würde bzw. der unwürdigen Arbeit von Schauspielern. link trailer
Going Places - Die Ausgebufften - Les valseuses (OmeU) DVD5456
Les Valseuses ist ein Film von rauhem Charme und ziemlich vielen Lachern. Berührt haben mich vor allem die Szenen mit Jeanne Moreau, die eine Frau verkörpert, welche gar nichts mehr vom Leben erwartet. Vor allem aber ist es ein äusserst kontroverses Werk, das eindeutig dem Zeitalter der Dekadenz zuzurechnen ist. In Frankreich sind das die 70er Jahre. Man sollte sich auch nichts vormachen, denn mit Sicherheit hat Bertrand Blier hier einen der frauenverachtendsten Filme aller Zeiten erschaffen! Der Frauenhass ist jederzeit spürbar und ziemlich abstossend. Hält der Film hier genügend Abstand zu seinen beiden "Helden" - verkörpert von Gerard Depardieu und Patrick Dewaere? Ich denke, die Frage ist falsch gestellt. Wir übernehmen radikal deren Perspektive und Les Valseuses schert sich weder um Moral, noch um sonstige Konventionen. link trailer
The Lacemaker - Die Spitzenklöpplerin - La dentellière DVD-
Ihr Gesicht wirkt fast so als sei es aus der Zeit gefallen. Jedenfalls ein Gesicht, das nicht den modischen Vorstellungen entspricht. Besser wäre es in der Epoche der Renaissance aufgehoben. Vielleicht als Spitzenklöpplerin. So erklärt sich Claude Gorettas Filmtitel selbst. Dann dreht sie sich zu uns und blickt uns eine Weile lang an. Das Gesicht gehört Pomme, einer schüchternen, reservierten jungen Frau von sanfter Schönheit. Sie arbeitet in einem Pariser Schönheits-Salon und wohnt noch bei ihrer Mutter (was gut klappt). Ihre beste Freundin heisst Marylene, die im selben Laden arbeitet. Eine prächtige Schönheit, deren Affäre mit einem verheirateten Mann ein schlimmes Ende nimmt. link trailer
Love at the Top - Das wilde Schaf - Le mouton enragé DVD1840
Ein schlüpfriger Film, in dem ein Pariser Bank-Angestellter Frauen flach legt. Wer gutmütig ist, bewertet das als zynischen Kommentar zur sexuellen Revolution und erfreut sich an Romy Schneider, neben Jean-Louis Trintignant und Jane Birkin. link-
The Big Feast - Das grosse Fressen - La grande bouffe DVD271
La Grande Bouffe ist der Horrorfilm jeglicher Gastronomie. Ein ekelhaftes Werk! Als die Bar 25 noch existierte, versuchte sie, ein ähnliches Buffet nachzustellen. Mit nackten Mädchen zwischen den Auslagen (z.B. neben einem Fischkopf und einer ausgestopften Gans). Eine Dekadenz, die dem Original schon recht nahe kommt. La Grande Bouffe handelt von vier Freunden, die sich an einem Wochenende treffen, um zu fressen und zu klagen. Langsam entwickelt sich das zu einer Selbstmord-Idee. Sie wollen sich zu Tode fressen. Nicht metaphorisch, sondern in echt. All das wird filmisch dokumentiert. Eine Chronik der Völlerei und des Selbsthasses. Womöglich auch noch eine Zivilisationskritik? Doch wer weiss das schon! Du hast die Wahl das Werk wie folgt zu bewerten: 1.) ein widerwärtiger, barbarischer Film. 2.) Eine Satire auf die berühmte französische "Bourgeoisie". link trailer
Barocco (OmeU) DVD2681
Mir ist Barocco von Andre Techine sehr wichtig und zwar wegen Isabelle Adjani. Ich sammele alle Filme mit ihr für unsere Videothek. Für mich ist Adjani schlicht und ergreifend die grösste Schauspielerin überhaupt! Interviews lehnt sie ab, betont, dass das Leben dazu da ist gelebt zu werden (und nicht diskutiert). Auf dem Höhepunkt ihres Ruhms in den 80ern, gab sie an, nun lesbisch zu sein. Später wollte sie an AiDS erkrankt sein. Dem entspricht der Film Noir Barocco, ein Vexierspiel um Identität und Manipulation. link trailer
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