Als ich noch zur Schule ging, gab es einen Film, der Pflichtprogramm war. Klassenweise wurden wir in Reisebusse gesetzt und zum Kino transportiert, um Hark Bohms Yasemin anzusehen. Das war 1988 als Berlin noch die Mauer hatte und wir das Film Genre "Culture Clash" noch gar nicht kannten. Ende der 60er war die erste Generation der "Gastarbeiter" nach Deutschland gekommen, die zweite liefert nun den Stoff für eine Romeo & Julia Geschichte. Bohms Film spielt in Hamburg Altona, dort, wo es türkische Einzelhändler gibt und das Strassenleben gar nicht mehr so deutsch ist. Hier findet Hark Bohm seine verfeindeteten Familien, hier lebt auch seine Julia. Sie heisst Yasemin (Ayse Romey, die nie Karriere machte, obwohl sie so eine tolle Schauspielerin ist - womöglich gabs noch nicht genug "Türkenrollen"?). Yasemin ist 16 und darf merkwürdigerweise Judo trainieren und sich mit Jungs schwitzend auf dem Boden wälzen. Ihr Vater lässt sie Medizin studieren, doch die konservativen Verwandten sehen all das ungerne. Uwe Bohm, den wir aus früheren Hark Bohm Filmen als jungen Abenteurer kennen, spielt den Milieu Romeo auf dem Mofa. Vor seinen Kumpels prahlt er; "In drei Tagen krieg ich sie rum!" Seine Liebe sprayt er an die Wand und bekommt schliesslich Date in Övelgönne an der Elbe auf einem Schiff. Wohl bemerkt: die Angeberei wird zur wahren Liebe! Da tritt der Tybalt auf, Yasemins Vetter, der den Liebhaber mit einer Stange bekämpft, aber besiegt wird. Tragisch, dass er ohne Papiere in Deutschland ist und kein Krankenhaus aufsuchen kann. Schliesslich klettert Bohm - nicht zu ihrem Balkon - aber zu ihrem Fenster hoch und die unschuldig Liebenden küssen sich. Hark Bohm hat reichlich Folklore untergebracht (die türkische Hochzeit oder die Brautnacht) und das haben die Lehrer damals erkannt. Yasemin ist ein ziemlich pädagogischer Film, der uns lehren soll wie sie leben, unsere anatolischen Nachbarn. Er meint das aber ganz aufrichtig, weil Bohms Kamera selbst noch staunend das "Fremde" entdeckt. Folklore hat hier keinen Selbstzweck für das ARD Abendpublikum. Die Charaktere wurden mittlerweile (da sich Culture Clash als Genre etabliert hat) schön breit getreten: Der durchgeknallte Vetter, die verständnisvolle Mutter usw. Das ist aber Hark Bohms Yasemin gar nicht anzulasten, weil er damals schliesslich Neuland betrat! Am interessantesten ist der Vater Yasemins, gespielt von Sener Sen. Eigentlich ist er liberal und tochtervernarrt. Durch den Druck von aussen, sprich durch die Verwandten, muss er sich vom aufgeklärten Patriarchen zum Tyrannen wandeln. Wider besseren Wissens. Geniessen wir Yasemin als romantischen Ausreisserfilm wie Hark Bohm sie am besten kann im Neuen Deutschen Film! Geniessen wir die schöne
Ayse Romey und den draufgängerischen Uwe Bohm! Geniessen wir das ungewisse Happy Ending... -
When I was still at school, there was a film that was compulsory. Class by class we were put in coaches and transported to the cinema to watch Hark Bohm's Yasemin. That was in 1988 when Berlin still had the Wall and we didn't even know the film genre "Culture Clash". At the end of the 60's the first generation of "guest workers" had come to Germany, the second now provides the material for a Romeo & Juliet story. Bohms Film is set in Hamburg Altona, where there are Turkish retailers and street life is not so German anymore. This is where Hark Bohm finds his enemy families, this is where his Julia also lives. Her name is Yasemin (Ayse Romey, who never made a career, although she is such a great actress - maybe there weren't enough "Turkish roles" yet?). Yasemin is 16 and strangely enough is allowed to train Judo and roll on the floor with boys sweating. Her father lets her study medicine, but the conservative relatives don't like all that. Uwe Bohm, whom we know from earlier Hark Bohm films as a young adventurer, plays the milieu Romeo on the moped. In front of his buddies he boasts; "In three days I'll get them around! He sprays his love against the wall and finally gets a date on a ship in Övelgönne on the Elbe. Notice: the bragging becomes true love! Tybalt appears, Yasemin's cousin, who fights the lover with a pole, but is defeated. Tragic that he is in Germany without papers and cannot go to hospital. Finally Bohm climbs - not to her balcony - but up to her window and the innocent lovers kiss each other. Hark Bohm has accommodated plenty of folklore (the Turkish wedding or the bridal night) and the teachers recognized that at that time. Yasemin is a rather educational film that is supposed to teach us how they live, our Anatolian neighbors. However, he means this quite sincerely, because Bohm's camera itself still discovers the "foreign" in amazement. Folklore has no end in itself for the ARD evening audience. The characters have meanwhile (since Culture Clash has established itself as a genre) become pretty wide: The crazy cousin, the understanding mother and so on. But Hark Bohms Yasemin can't be blamed for that, because he finally broke new ground! Most interesting is Yasemin's father, played by Sener Sen. Actually, he is liberal and infatuated with his daughters. Due to the pressure from outside, i.e. from his relatives, he has to change from an enlightened patriarch to a tyrant. Against better knowledge. Let's enjoy Yasemin as a romantic runaway movie like Hark Bohm does best in the New German Film! Let's enjoy the beautiful
Ayse Romey and the daredevil Uwe Bohm! Let's enjoy the uncertain Happy Ending...
Kommentare
Eure letzten KommentareIch mag diese persönlich
Ich mag diese persönlich verfassten Kritiken von euch. sie sind so unakademisch und unterhaltsam. So anders. Ich bekomme fast immer Lust, den Film danach zu sehen. Yasemin kenne ich noch nicht, aber einen Eindruck bekommt man schon. Der Romeo und Julia Vergleich trifft auf die meisten dieser Filme zu.
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